Freitag, 27. Januar 2017

US-Protektionismus eine Gefahr für China?

Seit Wochen wird schon gerätselt, wie sich Donald Trump im Amt des US-Präsidenten geben wird. Und schon die Antrittsrede bei seiner Vereidigung am vergangenen Freitag ließ wohl die letzten Hoffnung zerplatzen, Donald Trump könnte sich als Präsident gemäßigter zeigen, als er es noch im Wahlkampf angekündigt hatte. Er bekräftigte die neue Doktrin, die seine Entscheidungen in Bezug auf den Außenhandel maßgeblich beeinflussen soll – America First! In diesem Zusammenhang hat er gleich zu Beginn der Woche angekündigt, das bestehenden Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada NAFTA neu verhandeln zu wollen. Und auch das Trans-Pazifische Freihandelsabkommen TPP möchte er verlassen.
Interessant dürfte es aber werden, wie sich die Außenhandelsbeziehung zu China in den kommenden Jahren darstellen wird. Während der Handel der Vereinigten Staaten mit den direkten Nachbarn Kanada und Mexiko mehr oder weniger ausgeglichen ist (siehe Grafik), bringt der Handel mit China den USA ein dickes Handelsdefizit ein. So fuhren die USA laut US-Handelsministerium im Jahr 2015 Waren im Wert von 484 Mrd. US-Dollar ein, bei einer gleichzeitigen Ausfuhr von amerikanischen Waren im Wert von116 Mrd. US-Dollar nach China. Damit belief sich das Handelsdefizit mit China auf 368 Mrd., und macht somit die Hälfte des gesamten amerikanischen Handelsdefizits von 736 Mrd. US Dollar aus. Insbesondere Konsumgüter fanden ihren Weg nach Amerika und trugen unter anderem dazu bei, dass die Inflation in den USA trotz der immensen geldpolitischen Anstrengungen die Wirtschaft zu stimulieren niedrig blieb.



Auf der anderen Seite profitiert China von den USA als Absatzmarkt. Immerhin 18% der chinesischen Exporte werden in die USA verschifft. Auch wenn die Transformation der chinesischen Wirtschaft von einer exportorientierten hin zu einer Konsumorientierten weiter voran schreitet, wie aus den den letzten Wachstumszahlen von 2016 ersichtlich wird, bleibt der Export eine wichtige Stütze. Ein plötzliches wegbrechen der Exporte würde China derzeit noch stark belasten. Der Außenhandel ist für China nicht nur wirtschaftlich von Bedeutung. Auch für die geldpolitische Ausrichtung in China spielt der Außenhandel eine signifikante Rolle. Die hohen Exportüberschüsse in den letzten Jahren haben immense Devisenreserven ins Land gespült. Diese braucht die People Bank of China (PBOC) um die Wechselkursbindung des Yuan an den US Dollar zu verteidigen.
Seit der überraschenden Abwertung des Yuan durch die PBOC im August 2015 steht die chinesische Währung unter Dauerdruck. Die durch die amerikanische Fed und den Erwartungen in das Infrastrukturprogramm von Präsident Trump ausgelöste Zinsphantasie sorgen seit Ende letzten Jahres für weiteren Abwertungsdruck des Yuan. Der PBOC fällt es unter diesen Rahmenbedingungen zunehmend schwer den Wechselkurs zu verteidigen. Dementsprechend musste die chinesische Zentralbank im letzten Jahr ca. 22% ihrer Devisenreserven aufwenden um den Wechselkurs stabil zu halten. Seit September hat sich der Abwärtstrend bei den Devisenreserven erneut beschleunigt. Derzeit hält die PBOC noch Devisenreserven im Wert von rund 3 Billionen US-Dollar.


Wenn nun der Außenhandel mit den USA einbricht, würden auch die Devisenreserven ausbleiben. Dies könnte eine sich selbstverstärkende Abwärtsspirale in Gang setzen. Wenn die Marktteilnehmer angesichts weiter erodierender Devisenreserven auf eine Abwertung des Yuan spekulieren, müsste die PBOC mehr Devisenreserven einsetzen um die Wechselkursbindung zu verteidigen. Dies würde die Abnahme der Devisenreserven weiter beschleunigen und weitere Spekulanten auf den Plan rufen. Eine Verteidigung des Wechselkurses würde unter diesem Szenario zunehmend unwahrscheinlich.
Alternativ könnte der PBOC zur Verteidigung des Wechselkurses die Zinsen anheben. Dies scheint aber angesichts der hohen Verschuldung im chinesischen Unternehmenssektor mit erheblichen Risiken verbunden. Laut Bank für internationalen Zahlungsausgleich lag die Verschuldungsquote im 2.Quartal 2016 im chinesischen Unternehmenssektor bei 167% des BIP oder bei umgerechnet 17,8 Billionen US-Dollar. Derzeit scheinen die meisten Unternehmen finanziell gesund. Der Prozentsatz an notleidenden Krediten wird nach offiziellen Angaben mit 1,8% beziffert.
Ausländische Institutionen malen aber ein anderes, viel düsteres Bild der Lage im chinesischen Kreditsektor. Die Ratingagentur Fitch schätzt, das 15-20% aller Kredite notleidend sind. Selbst wenn man die untere Schwelle der Schätzung als Maßstab nimmt, lastet derzeit ein Abschreibungsbedarf von knapp 2,7 Billionen US-Dollar auf der chinesischen Kreditwirtschaft. Steigenden Zinsen würden das Problem nochmals verschärfen. Zudem würden steigende Zinsen auch den Privatsektor belasten. Auch wenn die Verschuldungsquote aktuell mit knapp 42% des BIP im internationalen Vergleich noch moderat ist, sollten steigende Zinsen für einen Preisverfall auf dem Immobilienmarkt sorgen, der wiederum die Vermögenssituation der Haushalte verschlechtert und sich letztlich auch negativ auf die private Konsumneigung auswirkt.
Gibt die PBOC dem Abwertungsdruck nach, könnte das dazu führen, dass die Inflation weiter anzieht. Seit dem Sommer hat die Inflation in China um gut einen Prozentpunkt auf gut 2% zugelegt. Eine schwächere Währung würde die Inflation zusätzlich anheizen und damit für Kaufkraftverluste bei den Haushalten sorgen, was ebenfalls negativ auf die Konsumaktivität wirkt. Um der Inflation entgegen zu wirken, müsste die PBOC auch in diesem Fall die Zinsen anheben.
So der so – meiner Meinung nach ist China derzeit noch deutlich mehr von den USA abhängig als anders herum. Man darf also gespannt sein, inwieweit Präsident Trump seinen Ankündigungen Taten folgen lässt.
Ich wünsche ihnen ein erholsames Wochenende und einen erfolgreichen Start in die neue Woche.





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